Eingeschränkte Dokumentationspflicht für Ärzte


LAUSANNE - Nur was aus medizinischer Sicht notwendig und üblich ist, muss ein Arzt bei der Behandlung eines Patienten dokumentieren. Dies hat das Bundesgericht in einem am Montag publizierten Urteil entschieden. Besteht keine Dokumentationspflicht, kann im Rahmen eines Haftpflichtfalls das Fehlen einer Information nicht als Beweis dienen, dass die entsprechende Behandlung unterblieben ist.

Das Bundesgericht hat die Beschwerde eines Gynäkologen gutgeheissen, der vom Obergericht des Kantons Zürich zur Zahlung einer Genugtuung von 60'000 Franken an eine ehemalige Patientin verurteilt worden war. Die Frau hatte geltend gemacht, dass sie aufgrund eines Kunstfehlers des Arztes nach der Geburt ihrer Tochter einen bleibenden Schaden davon getragen hat.

Das Obergericht führte in seinem Urteil aus, dass der Arzt nach der Niederkunft bei seiner Patientin eine Rektaluntersuchung hätte vornehmen müssen. Weil eine solche nicht dokumentiert war, ging das Obergericht davon aus, dass sie nicht durchgeführt worden war.

Das Bundesgericht kommt in seinem Urteil zum Schluss, dass die ärztliche Dokumentationspflicht in erster Linie dazu dient den Behandlungsauftrag des Patienten an den Arzt zu erfüllen. Deshalb gehört in ein Patientendossier, was aus medizinischer Sicht notwendig und nötig ist.

Ein Arzt erhält mit dem Behandlungsauftrag durch den Patienten jedoch keine Beweissicherungspflicht. Bei der genannten Rektaluntersuchung handelte es sich zum Zeitpunkt der Behandlung in den 1990er-Jahren um eine Standarduntersuchung. Deshalb war es nicht erforderlich, dass sie dokumentiert wurde.

Der Schluss des Obergerichts, dass die Untersuchung aufgrund der fehlenden Dokumentation nicht stattgefunden hatte, ist deshalb nicht zulässig. (Urteil 4A_137/2015 vom 19.08.2015)


07.09.2015 - SDA

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